Freundeskreis Friedenskapelle Vosshagen e.V.

Eintrag aus dem Gästebuch (2003)
Eintrag aus dem Gästebuch (2003)

Die Friedenskapelle zu Voßhagen bei Hückeswagen

Die Sehnsucht nach Frieden ist zu allen Zeiten im Menschen lebendig gewesen. Seit die Engel verkündeten:

"Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen", ist den Menschen die Hoffnung auf Frieden ins Herz gepflanzt worden. Und diese Hoffnung hat sich mit unserem Glauben an Jesus Christus erfüllt. Unser Glaube bedarf aber der täglichen Übung in der Liebe untereinander damit der verkündete Friede uns bewahret bleibt. Hört die Liebe auf, so schwindet auch der Friede wie das Licht einer verlöschenden Kerze.

 

Der Mensch braucht im Alltag immer neue Zeichen, die ihn auf dem Wege zum Frieden stärken. Ein solchen Zeichen ist die Kapelle zum Frieden in Voßhagen bei Hückeswagen. Sie lädt uns ein zur Besinnung und zum Gebet, damit wir stark bleiben in der Liebe. "Sie soll dem Wanderer in unserer schönen Landschaft die Möglichkeit der stillen Einkehr geben. Sie soll offen sein für ökumenische Gottesdienste, Jugendgottesdienste und Tagungen im Familienkreis", wie es die Einladung zur Gründungsversammlung des Freundeskreises am 25. März 1985 im Kolpinghaus aussprach. "Die Kapelle soll entstehen im Gedenken aller Toten der letzten Kriege aller Nationen und aller Glaubensrichtungen. Sie soll Mahnmal sein für den Frieden." Dieses Postulat fand Eingang in die Satzung, die der Verein "Freundeskreis Friedenskapelle Vosshagen" mit Sitz in Hückeswagen in der Gründungsversammlung beschloß.

 

Die Lage der Friedenskapelle in Voßhagen oder Voßhöhe, wie ie Ortschaft zuweilen noch heute im Volksmund genannt wird, läßt den Blick rundum weit ins Bergische Land zu den umliegenden Städten, Ortschaften und Höhen wandern.

 

Man möchte auf der Anhöhe oin Voßhagen tief durchatmen, um sich noch freier zu fühlen. Freiheit und Friede sind aber nicht selbstverständlich. Man muß sich täglich neu um diese Schätze bemühen und dazu beitragen, damit die Geschenke Gottes erhalten bleiben. Die Freude über die anvertrauten Gaben von Freiheit und Friede, manifestiert in einer Kapelle unmittelbar neben dem Friedhof russischer Kriegsgefangener, verpflichtet uns auch, an die Vergänglichkeit des eigenen Lebens und Wirkens zu denken. Denn Sterben ist ein Teil des Lebens. Und betrachten wir das Leben vom Ende aus, so gewinnen unsere Gedanken mehr Glubwürdigkeit, weil wir Gott näher sind. Die Gottesnähe bewirkt auch der Satz: Nur vom Ende her wird man dem Leben gerecht.

 

Der Kapelle benachbart ist das Hofgebäude Voßhagen 1, seinem Namen nach dem Besitzer Joh. Pet. Voß, der nach den Katasterbüchern dieses Wohnhaus im Jahr 1842 errichtete. Die jetzigen Eigentümer stellten das Grundstück für die Errichtung einer Kapelle uneigennützig zur Verfügung, und alle, die sich seither dem Bau verpflichtet fühlten, haben ihren Teil zur Vollendung der Friedenskapelle beigetragen. In diesen guten Taten atmet der Frieden.

 

Die Errichtung einer Kapelle in Voßhagen knüpft an eine Tradition auf Hückeswagener Boden an. Denn in früheren Teiten hat es Kapellen und Opferstöcke gegeben, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Im Jahre 1940 wird ein Heiligenstock "im Felde oberhalb des Wegerhofes" genannt. Dieser Heiligenstock wird durch eine Gewannenbezeichnung in den ältesten Katasterzeichnungen aus dem Jahre 1828 bestätigt. Bei näherer Prüfung der Katasterunterlagen ergibt sich, daß nicht weniger als 19 kirchliche Gewannenbezeichnungen im Kirchspiel Hückeswagen vorliegen. Sie lassen den Schluß zu, daß einst in der Landgemeinde Kapellen, Opfer- und Heiligenstöcke gestanden haben. Sie boten den Wanderern und Kaufleuten einen willkommenen Anlaß zur inneren Einkehr. Aber auch für die weit von Hückeswagen entfernt liegenden Bauernhöfe waren Kapellen und Heiligenstöcke eine innere Notwendigkeit.

 

Es wundert uns daher nicht, wenn in den Katasterunterlagen die Ortschaften Großen Scheid, Sohl Westhofen, Rautzenberg, Katern, Vogelsholl, Langenberg, Kleinberghausen, Brücke, Waag, Karrenstein, Engelsburg, Lüdorf und Oberfeldbach mit kirchlichen Gewannenbezeichnungen verzeichnet sind.

Ältere Hückeswagener Bürger wissen noch von einer Kapelle in Pixwaag und Kreuzwegstationen a dem ehemaligen Wege zwischen Tannenbaum und Dierl zu berichten.

 

Heute befinden sich im Stadt- und Landbezirk, nicht zuletzt durch die verschiedenen Glaubensgemeinschaften, eine Vielzahl von kirchlichen Gebäuden. Die erst 1951 errichtete kleine Kirche "Maria zur Mühlen" im Tal der Wupper zu Kräwinklerbrücke mußte leider der Wuppertalsperre im Jahre 1977 weichen. Hier möchte die unweit in Voßhagen auf der Höhe liegende Kapelle zum Frieden ein ideeller Ersatz sein.

 

aus der Festschrift zur Einweihung 1985

Die kleine Friedenskapelle auf der Höhe von Voßhagen ruht im Licht der Sonne, um über Täler und Hügel das empfangene Licht weiterzugeben. Die nach Nordosten ausgerichteten Chorfenster lassen schon in der Frühe des Morgens Licht herein, und am Abend fallen mit der untergehenden Sonne die letzten Strahlen in die Bänke, um dem Besucher der Kapelle Licht für seine Gedanken um den Frieden zu spenden. Denn Friede braucht Licht des inneren Menschen. Ohne Licht kein Friede! -
Der Chor einer Kirche, gleichsam das Herz jeder Kirche, ist deshalb nach Osten gerichtet, weil die tagbringende Sonne, die Erlösung der Welt von der Finsternis, als Symbol des Heilands vom Morgen herkommt.

 

Die acht Ecken im Grundriß der Kapelle lenken unsere Meditation auf die Symbolik der Zahl acht, die schon bei den Heiden als heilig angesehen wurde. Sie ist die erste kubische Zahl und gleichsam der Garant für die in sich ruhende Grundfeste, die geeignete Ordnung, also die Weltordnung schlechthin. Ohne Ordnung kein Friede. Die Schöpfungsgeschichte und die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Universums bestätigen das. So verwundert es nicht, daß auch die christlichen Gnostiker eine heilige Uracht als Mutter der sieben höchsten Weltkräfte annahmen. Acht Seelen waren in der Arche Noah, und achtfach sind die Seligpreisungen der Bergpredigt, wovon eine sich dem Frieden besonders zuwendet: "Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen".

 

Das Achteck, das den Tempeln, Kirchen und Kapellen gerne zugrundegelegt wurde, umschließt auch die Kreuzform. Das Kreuz der Malteserritter hat acht Spitzen. Derselben Symbolik gehört auf alten Bildern der achteckig gebildete Stern an, der den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe des Christkindes leuchtete.

 

Die Achtzahl erwarb für das Christusmysterium insofern Bedeutung, da Christus am ersten Wochentag nach den sieben auferstanden ist. Der erste Wochentag erinnert an den ersten Schöpfungstag, an dem das Licht erschaffen wurde. Doch ist er ein neuer erster Tag, nach Ablauf der sieben, und somit Symbol der Neuschöpfung, die mit Christi Auferstehung aus der Dunkelheit des Grabes zu einem neuen Sein jenseits alles Irdischen führte. Dieses neue wahre Licht hat uns Menschen über diese Welt hinausgehoben, damit wir nicht mehr das eigene Leben, sondern in Christus leben. Und damit werden wir dem Auferstandenen gleichgestaltet, da wir durch die Taufe im Geiste gestorben und Teilhaber der Auferstehung geworden sind. Kehren wir zu unseren Ausgangsgedanken zurück, so erfahren wir, daß der Friede nicht ohne das Licht und die Auferstehung Christi denkbar ist.

 

Dem Licht aber wohnt die unendliche Liebe inne, die Paulus im 1. Korinther 13 beschrieben hat:

"Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mitwillen, sie bläht sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ijre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich abe der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles".

 

Beherzigen wir diese Worte, so tun wir entscheidende Schritte zum Frieden, woran uns die Friedenskapelle in Voßhagen ständig erinnern will.

Nach der Gründungsversammlung des Freundeskreises schritt man zur Tat. Es wurde begonnen, man faßte an, und es war, als ob mit den beflügelten Herzen der Begeisterung das Bauwerk getragen wurde. Am 31. August 1985 war Richtfest, und heute, am 19. Oktober 1986, kann mit der Weihe die Friedenskapelle ihrer Bestimmung übergeben werden.

 

 

 

A.Paffrath

aus der Festschrift zur Einweihung 1986